An einer Kiezversammlung, zu der das Netzwerk Fahrradfreundliches Neukölln in Kooperation mit dem Quartiersmanagement Richardplatz Süd aufgerufen hatte, nahmen ca. 40 engagierte Anwohner*innen Rixdorfs teil. Schnell wurde deutlich, wie sehr die Anwohnerschaft unter dem starken Durchfahrtsverkehr und den vielen Geschwindigkeitsüberschreitungen leidet. Trotz des breiten Spektrums an persönlichen Erfahrungen im Kiez – von der jungen Familie bis hin zum Kiez-Urgestein – wünschen sich alle effektive Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, die über das Aufstellen von Schildern wie „Bitte nicht Durchfahren“ oder die Tempo-10-Zone hinausgehen. Anwesende Politiker*innen von CDU, SPD, Grüne und LINKE unterstützen in weiten Teilen das Anliegen der Bürger*innen. Um diesem Nachdruck zu verleihen und konkret zu werden, wurden weitere Aktionen und Treffen vereinbart. Wir erwarten, dass das Thema in der neuen Legislaturperiode von den Verantwortlichen politisch angegangen wird! Einen Bericht über die Kiezversammlung hat auch Bernhard Stelz auf der QM-Seite verfasst.
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Reaktionen?
Der offene Brief des Quartiersrates stieß auf ein geteiltes Echo und von den angesprochenen Fraktionen in der BVV antworteten lediglich die Grünen. Während eine Reihe von Institutionen, Gewerbetreibenden, Politiker*innen und Anwohner*innen den offenen Brief unterstützten (vollständige Liste siehe unten), waren die Reaktionen aus der Verwaltungsspitze – gelinde gesagt – verhalten.
Bezirksbürgermeisterin Giffey erklärte, dass die Verwaltungsspitze kooperativ arbeite und daher Bezirksstadtrat Blesing als Ansprechpartner fungiere. Dieser lehnte allerdings auf der Veranstaltung „Neukölln fährt Rad“ im Rathaus am 06. Juli eine Reaktion mit den Worten ab, dass ein offener Brief ja irgendwie an alle gerichtet sei.
In der Folge wurde auf einer Kiezversammlung am 07. Juli angeregt, dass eine Anwohner*inneninitiative gegründet werden solle.
Liste der Unterstützer*innen des offenen Briefes:
- Die Bürgerinitiative für die Verkehrsberuhigung der Braunschweiger Straße
- das Café Dritter Raum in der Hetzbergstraße
- der Haarnomade in der Hertzbergstraße
- die Löwenzahn-Grundschule am Droryplatz
- die Neon Energieökonomik GmbH am Karl-Marx-Platz
- das Grüne Bürger*innenbüro in der Wipperstraße
- das Interkulturelle Theaterzentrum Berlin ITZ am Esperantoplatz
- der Veganladen Dr. Pogo an der Rixdorfer Schnalle
- die Weinhandlung Balera am Karl-Marx-Platz
- die Kita Großstadtzwerge in der Braunschweiger Straße
- das Innenarchitekturbüro Badkultur Berlin in der Braunschweiger Straße
- Anja Kofbinger, MdA, DIE GRÜNEN
- Joschka Langenbrinck, MdA, SPD
- Steffen Burger, BVV Neukölln, Piratenfraktion / DIE LINKE
- Nicola Böcker-Giannini, BVV Neukölln, SPD
- Ruben Lehnert, Kandidat zur Abgeordnetenhauswahl im Wahlkreis 3, DIE LINKE
- Georg Kössler, Kandidat zur Abgeordnetenhauswahl im Wahlkreis 3, DIE GRÜNEN
- Irmgard Wurdack, Kandidatin zur Abgeordnetenhauswahl im Wahlkreis 2, DIE LINKE
- Thomas de Vachroi, Kandidat zur Abgeordnetenhauswahl im Wahlkreis 3, CDU
Wie alles anfing: Offener Brief des Quartiersrates Richardplatz Süd
In der Sitzung des Quartiersrates Richardplatz Süd am 07. April 2016 wurde lebhaft über die Verkehrssituation im Kiez diskutiert. Die anwesenden Quartiersratsmitglieder kamen dabei überein, dass die Nachbarschaft bereits seit vielen Jahren unter zunehmendem Durchgangsverkehr leidet. Nochmals verstärkt wurde dieser durch das Zusammenspiel von Echtzeitverarbeitung von Verkehrsdaten in modernen Navigationsgeräten und den Baustellen in der Karl-Marx-Straße und für den 16. Bauabschnitt der BAB100.
Insbesondere die Bewegungsfreiheit von Kindern und Jugendlichen wird hierbei massiv durch die Gefährdung eingeschränkt. Viele Anwohner*innen leiden auch unter dem Verkehrslärm. Die sich gerade entwickelnden Strukturen im Kiez, zu denen auch eine Reihe von Büros, Freiberufler*innen und Kiezläden zählen, werden in ihrer Arbeit zunehmend behindert.
Im Anschluss an die Diskussion wurde beschlossen, dass ein offener Brief an die politisch Verantwortlichen in Bezirk und Senat verfasst werden solle, um sie auf die Situation aufmerksam zu machen und zu Handeln zu bewegen – dieser wurde am 28. April übermittelt.
Der offene Brief zum Download und im Wortlaut:
Offener Brief des Quartiersrates Richardplatz Süd
Fußgänger- und Fahrradfreundlicher Richardkiez für ein sicheres und
lebenswertes Wohnquartier
Sehr geehrte Frau Dr. Giffey,
viele Bewohnerinnen und Bewohner im Richardkiez sehen sich in ihrer Wohnumgebung großen Belastungen durch hohen Kfz-Verkehr ausgesetzt. Lärm- und Abgasemissionen, zugeparkte Straßenkreuzungen sowie eine mangelnde Aufenthaltsqualität in einigen Teilen des Kiezes werden von den Bewohner*innen als zunehmendes Problem empfunden. Auch die häufigen Geschwindigkeitsüberschreitungen im gesamten Gebiet führen dazu, dass nicht nur Kinder und ältere Personen auf dem Weg zu den Einrichtungen im Herz des Gebietes sondern auch alle anderen Bewohner*innen sich nicht sicher zu Fuß oder mit dem Rad bewegen können. Die geographische Lage des Kiezes zwischen zwei Hauptverkehrsachsen und die Nähe zur A100 sorgen dafür, dass u.a. die Routen Hertzbergstraße – Richardplatz – Karl-Marx-Platz, Hertzbergstraße – Böhmische Straße/Platz – Niemetzstraße-
Braunschweiger Straße stark von Durchgangsverkehr belastet sind.
Der öffentliche Raum im Richardkiez soll allen Menschen soziale Teilhabe ermöglichen und ein lebenswertes Wohnumfeld bieten. Dies ist nur gewährleistet, wenn das zu Fuß Gehen und das Fahrradfahren als ökonomisch und ökologisch nachhaltige Formen der Mobilität im
Quartier sicher, jederzeit und für alle möglich sind.
Der Quartiersrat Richardplatz Süd, als Vertretungsorgan der Bewohner*innen im Quartiersmanagementgebiet Richardplatz Süd, bittet daher den Bezirk, durch geeignete bauliche Maßnahmen und Maßnahmen der Verkehrsführung den Kfz-Verkehr im Richardkiez wirksam zu beruhigen und insbesondere den Durchfahrtsverkehr einzuschränken. Außerdem sollen durch eine bessere Ampelschaltung die Stauzeiten auf der Saalestraße verringert werden.
Weiterhin bittet der QR den Bezirk sich für eine Umgestaltung von Plätzen im Richardkiez einzusetzen – insbesondere den Böhmischen und den Karl-Marx-Platz. Beide Plätze könnten von ihre Lage und Anlage her eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Durch die Umgestaltung sollen Lärm-, Abgas- und Feinstaubbelastung deutlich gesenkt werden. Für ein gutes
Miteinander im Bezirk sollen diese Plätze mit dem Rad und zu Fuß gut und sicher zu erreichen und einsehbar sein.
Der QR bittet den Bezirk insbesondere an Kreuzungen, die nicht fußgängerfreundlich ausgebaut sind, Fahrradbügel am Fahrbahnrand zu errichten, damit Kinder und mobilitätseingeschränkte Personen eine verbesserte Sichtbeziehung auf die Straße erhalten. Die vielfältigen Gelegenheiten im Quartier profitieren dabei zudem von der Möglichkeit, Fahrräder überall so abstellen zu können, dass der Fußverkehr nicht eingeschränkt wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Der Quartiersrat Richardplatz Süd
Verteiler:
Bezirksbürgermeisterin Giffey
Bezirksstadtrat Blesing
Vorsitzende und verkehrspolitische Sprecher*innen der BVV Fraktionen
Senator Andreas Geisel
Staatssekretär Gaebler
Leiter Verkehrslenkung Berlin